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Die Suche nach dem Falkenkönig

Aus Avesfeuer
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Geschätzter Godwyn, werter Freund,

ich sage Euch, auf was lassen wir uns bloß immer ein? Wir sitzen in einer viel zu lauten Stadt mitten in den Tulamidenlanden und suche einen alten Mann, der vielleicht gar nicht mehr lebt, damit wir einen sagenumwobenen Tierkönig finden, von dem man nur Geschichten kennt. Wie es dazu kam? Ja, das frage ich mich auch. Nun, eigentlich weiß ich es – wieder einmal hatte unser Freund Goswyn von Wetterau eine Idee für eine Spur für das Heilige Licht, nur hat er wieder keine Zeit, dem nachzugehen. Und so haben wir uns dafür bereit erklärt.

Bei einem Besuch nach Jahresbeginn erzählte Goswyn uns von dem legendären Falkenkönig. Wie ihr sicher wisst, gilt der Falke als hohes Tier des Praios‘. Und wusstet Ihr auch, dass es sogenannte Tierkönige gibt? Sie sollen die höchsten Tiere ihrer Art sein und sogar sprechen können! Und besagter Falkenkönig lebt angeblich im Rashtulsturm. Doch ihn zu finden sei nicht einfach, seine Diener wachen über all jene, die den Aufstieg wagen. Sie tragen die Kunde zu ihrem König und halten für ihn gegebenenfalls ungebetene Gäste fern. Nur wer sich würdig erweist, wird zum Falkenkönig vorgelassen. Goswyn berichtete uns außerdem von dem alten Mystiker Vater Jesper, ein Geweihter des Praios, der als Eremit leben soll und doch Verbindungen zum Falkenkönig hat. Man sagt, er habe mit den Gezeichneten zusammen gearbeitet und stammt ursprünglich aus Fasar.

Wir beschlossen also, nach Vater Jesper zu suchen, um über ihn zum Falkenkönig zu gelangen. Unsere Reise führte uns zuerst nach Punin, wo man von Vater Jesper nichts gehört hatte. Warum auch? Aber meine lieben Brüder und Gerwin wollten unbedingt den Weg über diese große Stadt nehmen. Nur um danach über diesen Blutpass nach Fasar stapfen zu müssen. Ich war ja gleich dafür den viel sinnvolleren Weg von Gareth direkt nach Osten und dann von Rommilys nach Süden zu nehmen. Da spart man sich eine Überquerung des Rashtulswalls. Aber nein, meine lieben Gefährten dachten, in Punin finden wir sicher alles heraus. Als ob wir nachher nicht noch genug im Gebirge herumirren müssen. Bis Punin verlief die Reise ja noch ganz gut. Übrigens haben wir von Goswyn Pferde geschenkt bekommen! Meine Quanione ist wahrlich ein wunderschönes weißes Ross!

Wie auch immer, Gerwin fing ab Punin an, ständig wie ein kleines Kind zu quängeln. Ich konnte sein ewiges Gejammer über die Natur und die Übernachtungen unter freiem Himmel schon bald kaum mehr ertragen. Und verstehe nun, warum die magische Zunft den Silentium entwickelt hat. In den Tulamidenlanden erwartete uns aber nun plötzlich auch noch eine völlig fremde Kultur. Natürlich bin ich des Tulamidischen mächtig, im Gegensatz zum Rest unserer Gruppe, der sich nur rudimentär verständigen kann. Doch verabsäumte es man in meinem Unterricht, uns auch mehr mit dieser doch sehr eigenwilligen Kultur bekannt zu machen. Wirklich schlimm wurde es dann, als wir nach Fasar kamen. Zuerst wühlt man sich durch angeblich über 30.000 Menschen, die um die Stadt in gigantischen Zeltstädten wohnen. Überall Dreck, Lärm, bettelnde Menschen und Gedränge. Zwischen den Zelten und Häusern liegen, wenn man sich dann endlich in der eigentlichen Stadt befindet, riesige Türme, wo die sogenannten Erhabenen wohnen. Reiche Leute, die es sich leisten können, sich nur über die Brücken hoch oben in der Luft zu bewegen, anstatt sich wie das niedere Volk durch die Gassen zu boxen.

Zum Glück trafen wir auf einen Hesinde-Geweihten, der uns den Weg zum Praios-Tempel weisen konnte und uns vor dem allgegenwärtigen Taschendiebstahl warnte. Im mittelreichischen Viertel Sonnenhang, dessen rudimentäre Ummauerung nur noch im Süden vorhanden ist, erstrahlt der Praios-Tempel in vollster Pracht! Ein erstklassiges Exempel priesterkaiserlicher Architektur! Das Auge wird nicht müde, die zahlreichen mit Liebe und Frömmigkeit angefertigten detaillierten Darstellungen sämtlicher wichtiger Szenen von Heiligen des Praios zu bewundern, die an sämtlichen Wänden prunken. Das viele Gold im Tempel ist des Herrn mehr als würdig und scheint einen zwischendurch fast zu blenden. So in etwa stelle ich mir unseren Tempel in Nembutal vor, wenn er nach meinen Vorstellungen endlich renoviert wird. Wenn wir dann wirklich das Heilige Licht finden und der Tempel zu einem Pilgerort wird, so soll er dem Tempel hier in Fasar in nichts nachstehen!

So prachtvoll aber der Tempel ist, so dürftig sind die Informationen, die wir dort bekommen haben. Vater Jesper wirkte in der Tat früher hier, doch verließ er auf Grund eines Streits den Tempel im Jahr 1015 BF. Sein Ziel war es, den finsteren Magier Abu Terfas zu läutern und ihn von seinen schwarzmagischen Praktiken abzubringen. Seitdem war er nie wieder hier gesehen. Doch erzählt man sich, dass die Gezeichneten ihn vier Jahre später in die Stadt Bagfua brachten, wo er vielleicht immer noch zugegen ist. Der Geweihte Bornus Montevilla konnte uns aber nicht sagen, ob Vater Jesper noch lebt und was es mit diesem Falkenkönig auf sich hat.

Den Nachmittag beschlossen wir getrennt zu verbringen. Mento und ich wollten eines dieser berühmten tulamidischen Bäder und dann den Hesinde-Tempel aufsuchen, Ludewich zog es wie erwartet zum Basar, wo er Stoffe einkaufen wollte, und Gerwin trieb sich in der Stadt herum, um sich umzuhören. Unser Weg führte Mento und mich in die Nähe der gefürchteten Magierakademie Al’Achami. Dementsprechend häuften sich zahlreiche Handwerkerinnen und Händler, die allerhand Zaubererbedarf feilboten. Ihr hättet dort sicher das eine oder andere gefunden, das Euch interessiert! Bei manchen dieser Gläser mit unidentifizierbaren in Alkohol oder sonstigen Flüssigkeiten eingelegtem Zeug möchte ich aber lieber gar nicht wissen, was es war und woher es kam. Wir suchten eiligst eines der Dampfbäder auf, wo ich am Eingang jedoch gleich aufgehalten wurde, während Mento sofort Zugang erhielt. Bevor ich mich noch darüber empören konnte, verwies man mich auf einen Nebeneingang. Es ist wohl üblich, dass Frauen und Männer getrennt baden. Auch wenn das Gebäude der Frauen eher ein Nebengebäude war, war es doch innen ganz ordentlich. Nachdem man mir einen eindeutigen Wucherpreis abgenommen hatte, konnte ich eine äußerst wohltuende Stunde - umgeben von mit allerlei Kräutern, Gewürzen und Zitrusfrüchten geschwängerten Dampf - genießen. Welch herrliche Abwechslung in dem Trubel!

Im Hesinde-Tempel wurden wir dann aber schnell wieder von der Realität eingeholt. Natürlich lagern hier zahlreiche Dokumente aus vergangenen Zeiten, doch war die Geweihte äußerst unwillig, uns hier nachzuforschen zu lassen. Zuerst völlig überrascht, fiel es mir dann wie Schuppen von den Augen – Ihr mögt es auch schon geahnt haben: dies ist ein Tempel der Pastori-Strömung! Ich konnte die Geweihte überzeugen, uns wenigstens ein paar Dinge über den Falkenkönig mitzuteilen. Doch zu unserer Enttäuschung war es nicht viel mehr, als wir bereits wussten. Er wird hier Moghul ul Shuhân genannt und soll entweder im Rashtulsturm oder im Khoramgebirge leben. Diese Pastori-AnhängerInnen sollten sich mehr an den Idealen Nandus‘ orientieren! Wissen nur zu sammeln und dann zu horten, ohne es weiterzugeben! Als ob es außerhalb der Hesinde-Kirche keine weisen und klugen Menschen gäbe! Wieviel mehr Erkenntnis könnte man gewinnen, wenn man sich mit allerlei Gelehrten aus verschiedensten Fachrichtungen austauscht und nicht nur die Geweihtenschaft in ihren finsteren Gewölben allein forscht.

Zurück in der Karawanserei mussten wir dann feststellen, dass Gerwin auch nicht viel mehr herausgefunden hatte. Schlimmer noch – ein völlig aufgelöster Ludewich stürmte mit Praiosblume herein! Man hatte ihn ausgeraubt! Während er mit einem Händler über den Preis eines Stoffes verhandelte, musste jemand die Unaufmerksamkeit meines Bruders ausgenutzt haben und ihm die Geldkatze entwendet haben. Doch als ob das nicht schon schlimm genug wäre – ein angeblicher Zeuge lockte ihn auch noch in eine finstere Gasse, wo man ihm dann auch noch seiner Gewänder berauben wollte! Man stelle sich das vor - die Gutgläubigkeit und Hilflosigkeit eines aufrechten jungen Mannes so schamlos auszunutzen! Zum Glück konnte Praiosblume Ludewich zur Flucht verhelfen. Nun stehen wir da, unsere Reisekasse ist fast nicht mehr existent! Ich verließ mich darauf, dass Ludewich genug Geld mit sich führt. Hätte ich geahnt, was heute passiert ist, so hätte ich auf das Bad heute verzichtet. Mentos Anteil musste ich ja auch bezahlen, Ihr wisst ja, mein lieber Bruder hält nichts auf weltlichen Besitz. Sich dann aber von den anderen durchfüttern lassen, ist aber in Ordnung – verzeiht meine harschen Worte, aber das muss mal gesagt werden! Jetzt stehen wir da in einer riesigen Stadt, haben kaum etwas bis jetzt herausgefunden und Geld haben wir auch kaum mehr. Gerwin hat angedeutet, er hätte schon noch etwas, aber ob das bis zum Ende dieses Unterfangens reicht, wage ich zu bezweifeln! Ach, in was für einen Schlamassel sind wir hier wieder geraten!

Morgen werden wir unverzüglich nach Bagfua aufbrechen und diese furchtbare Stadt hinter uns lassen. Bei Praios, hoffen wir, dass wenigstens Vater Jesper noch lebt. Wie schlimm, wenn dies alles umsonst gewesen ist!

Nun denn, ich hoffe Euch ergeht es in der Zwischenzeit besser, mögen Praios, Hesinde und Peraine Euch weiterhin auf Eurem Weg gewogen sein!

Eure Gefährtin
Indra