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Durch den Wald

Aus Avesfeuer
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Eindrücke Übersicht
Chronik Kapitel
??? Die Welt der Menschen
??? Dem Fluss entlang
??? Durch den Wald
??? Ein Gespräch unter Freunden
??? Abschied
ING 1015 Ancoron
ING 1015 Wieder vereint
RAH 1015 Kampf im Albtraum
TRA 1016 Das Mal
Wieder ist Mada am Himmel. Doch wie hat sie sich verändert seit dem letzen Mal, als ich sie richtig sah. Neben ihr glitzern die Sterne fröhlich und ewig, unveränderlich seit Anfang dieser Welt. Sie haben etwas Tröstliches, Beruhigendes. Sie werden immer da sein, unbeeindruckt von den Ereignissen dieser Welt. Zeit hat keine Bedeutung für sie. Sie laufen nicht über den Himmel, sie verändern nicht ihre Form. Sie lassen einen vergessen, dass Zeit überhaupt existiert. Dass sie Bedeutung haben könnte. Doch Sha rast über den Himmel, als würde sie sagen: „Du hast nur die Zeit eines Tages, dann nehme ich dir mein Licht.“ Mada verändert gar ihre Form, wird voller, immer größer und runder, bis sie Teile ihres Selbst verliert, kleiner wird und am Ende völlig verschwindet. Sie erinnert an nurda und zerzal, Geburt und Tod, Leben und Sterben. Sha und Mada sind nicht ewig wie die Sterne, doch sterben sie nicht für immer. Sie kommen wieder, am nächsten Tag, im nächsten Monat. So wie sie ihre Bahnen am Himmel ziehen, läuft auch hier das Leben in Kreisen ab. Vor ein paar Tagen noch war alles im Bann zerzas, doch nun ist alles erwacht. Erst jetzt habe ich es bemerkt. Die Blumen auf den Wiesen blühen, die Bäume zeigen sich von ihrer schönsten Seite. Die Vögel zwitschern ihr Lied. Jeder der kleinen Gefiederten bedacht darauf schöner und lauter zu singen als die anderen. Die Welt feiert die Rückkehr der Wärme schon seit Tagen und ich habe es nicht bemerkt. Nicht wirklich. Zu viel ist passiert. Zu viel Hast war in den letzten Tagen.

Mit meinen Gefährten war ich auf der Jagd nach den Dieben des von den Göttern der Menschen verfluchten Buches gewesen. Auf dem Schiff hatten wir ein seltsames Ritual der Menschen miterlebt. Sie versuchten mit Messern eine Scheibe mit aufgemalten Ringen zu treffen. Ich glaube es ging darum, möglichst die Mitte zu treffen. Sogar einige meiner Gefährten machten mit. Joela gewann, denke ich. Jedenfalls nahm sie Münzen von den anderen und lachte vergnügt. Auch haben wir einen Biesting in der Form eines Fischotters getroffen. Ich hatte mich schon gefragt, wann wir diese etwas lästigen, aber immer liebenswerten Wesen treffen würden. Wie zu erwarten gewesen war, bat er um eines unserer Haare und um Fische. Da wir nichts anderes zu tun hatten, fischten ein großer Mensch namens Grim und ich nach ein paar Fischen für ihn. Grim war vom Widderorden mitgenommen worden. Ich denke, weil er sich in der Natur recht gut auskennt. Da er sich unter den ganzen Kriegern alleine fühlte, war er zu uns gekommen. Ich glaube, das war das erste Mal, dass ich genau verstand, was ein Mensch fühlte.

Das Auftauchen des Biesting Alrik löste auch ein Rätsel, das Ginaya beschäftigt hatte. Eine Strähne ihrer Haare war über Nacht abgeschnitten worden. Sie erklärte, dass man mit ihrem Haar besonders einfach Macht über sie erlangen konnte. Warum sollte jemand das wollen? Jedenfalls hatte ich sie noch nie so aufgewühlt gesehen. Ich hatte sie schon nervös gesehen. Vor allem wenn wir menschliche Würdenträger treffen sollten und sie mir vorher sagte, dass ich nicht reden, nichts angreifen und am besten überhaupt nichts tun sollte. Aber so hatte ich sie noch nie gesehen. Glücklicherweise war sie beruhigt, als Alrik ihr die Strähne zeigte. Ich glaube, sie fühlte sich sogar geschmeichelt, als er ihr Haar besonders lobte. Telora!?!

Was ich von meinen Gefährten nicht erwartet hätte, war, dass sie, sogar Grim, Alrik eines ihrer Haare gaben. So wie Ginaya ein solcher Verlust geängstigt hatte... Einzig Leudalia weigerte sich. Auch behandelte sie den Biesting mit Verachtung. Ein Teil von mir wollte ihr schon sagen, dass selbst der junge Alrik wahrscheinlich schon die Zeit ihrer Großmutter gesehen hatte und noch fröhlich Fische fangen und Haare sammeln würde, wenn sie längst zu Staub zerfallen sein würde. Doch dann erinnerte ich mich, dass diese Priesterin der menschlichen Kriegsgöttin nicht nur Kämpfe für ihr Schwert, sondern auch für ihre Zunge suchte. Außerdem waren Biestinger mächtig genug, selbst Lektionen zu verteilen. Wenn Leudalia nicht aufpasste, würde sie noch das eine oder andere lernen.

Als wir abends in der Stadt Brinbaum angekommen waren, konnten wir in einer Taverne Gari, eine der Diebe des götterverfluchten Buches, der letzten Gabe, wie die Menschen sie nannten, gefangen nehmen. Sie wehrte sich nicht besonders, sondern gestand alle ihre Taten. Außerdem erzählte sie mir, dass sie es gewesen war, die mich niedergeschlagen hatte. Von einem Kundschafter des Widderordens hatten wir auch erfahren, dass sie und der andere Mensch, Bosjew genannt, für einen Dämonenpaktierer arbeiteten. Es entsetzte mich, dass Menschen ein Band mit einem taub’kharza überhaupt in Betracht zogen. Sahen sie nicht, welchen Schaden sie unserer Welt damit zufügen konnten?

Ich kehrte bald auf das Schiff zurück und genoss die Ruhe um mich. Während ich noch die Geräusche der Nacht genoss und daran dachte, in ein Lied einzustimmen, sah ich Grim an mir vorbeigehen. Neugierig rief ich ihn an, was er mache. Er erzählte mir, dass er einen Fischer besuche, der ein Freund der Biestinger war. Ich wollte mir einen Menschen nicht entgehen lassen, der es schaffte, mit den Feenwesen Freundschaft zu schließen. Darum begleitete ich ihn. Das Treffen mit dem Fischer war ein Erlebnis für sich. Grim sagte mir später, dass der Fischer selbst für Menschen seltsam war. Seine Antworten machten nur selten Sinn. Auch schien er uns kaum zuzuhören. Dennoch konnten wir ihn überzeugen, uns am nächsten Morgen zu seinem Treffpunkt mit den Biestingern mitzunehmen.

Als wir wieder bei dem Boot ankamen, sahen wir, Corvus mit Gari, der sie in Ruhe weiterverhören und sie dann im Schiff einsperren wollte. Wir sahen bei dem Verhör zu, und bald erkannten alle von uns, dass sie uns noch etwas verheimlichte. Es musste wichtig sein, und so entschloss ich mich, Corvus bei dem Verhör zu helfen. Ginaya hatte mir erzählt, dass Menschen niemals richtig wussten, was Elfen dachten. Ich glaube, ich hatte darüber gelacht. Außerdem hatte sie mir erzählt, dass ich in den Augen der Menschen selbst für einen Elf sonderbar und vielleicht ein wenig beunruhigend aussehen würde. Ich entschloss mich nun, mein Aussehen zu verwenden und zog eines meiner Wolfsmesser. Ich muss sehr beeindruckend gewesen sein, denn Gari erzählte uns sehr schnell, dass wohl die Biestinger ihnen die letzte Gabe gestohlen hatten. Nachdem Corvus sie hinuntergebracht hatte, ging ich zu ihr und entschuldigte mich.

Am nächsten Morgen fuhren Grim, alle meine Gefährten außer den Priestern und ich mit dem Fischer zu dem Treffpunkt. Dabei konnten wir die Flüsse am frühen Morgen genießen. Ich muss sagen, dass mir Boote immer mehr gefallen. Als wir, viel zu früh, am Ziel angekommen waren, erkannten wir, dass ein riesiger Pfeil aufgemalt worden war. Nun ja, die Biestinger hatten anscheinend erkannt, dass die Sinne der Menschen nicht so scharf waren. Aber selbst für Menschen fand ich die Ausmaße dieses Pfeils übertrieben. Als wir angelegt waren, trafen wir Alrik, der uns erzählte, dass er selbst die letzte Gabe an Piraten weitergegeben hatte. Nun entsprang zwischen meinen Gefährten ein Streit darüber, ob wir den Piraten alleine folgen oder auf unsere restlichen Gefährten warten sollten. Dieser Streit gipfelte darin, dass Joela und Grim sich beschimpften und anschrieen. Joela beschuldigte Grim, dass er sie an die Piraten verkaufen wolle. Das verwunderte mich. Sie gehörte sich doch nur selbst. Wie sollte sie dann verkauft werden? Dieser Streit wurde so schlimm, dass Ginaya versuchte, ihn zu schlichten. Sie würde wissen, was sie tun musste, um die beiden Menschen wieder zu versöhnen. Beruhigt verließ ich meine menschlichen Gefährten, froh meine empfindlichen Ohren aus der Reichweite ihres Geschreis bringen zu können, und begann den Fährten der Piraten zu folgen, die sie hinterlassen hatten, als sie die letzte Gabe von Alrik geholt hatten.

Nachdem ich den Fährten einige Zeit gefolgt war, hörte ich ein Plätschern hinter mir. Es war Alrik, der mir von Ginaya ausrichtete, dass ich auf sie warten solle. Also hatte sie die beiden, wie erwartet, beruhigen können. Während wir warteten, zeigte Alrik mir Muscheln und erzählte mir Geschichten. Ich spielte für ihn ein wenig auf meinem iama. Ich hatte das Gefühl, kaum angefangen zu haben, als ich schon die Schritte und Stimmen meiner Gefährten hörte.

Die nächsten Tage befanden wir uns in von Menschen unberührter Natur. Alrik hatte uns schon nach kurzem verlassen. Als wir in Tage später überraschend wieder trafen, erzählte er uns, dass sein Hauptmann Fulmador uns sehen wollte, und führte uns zum Treffpunkt. Wir alle warteten gespannt auf den Führer der Biestinger. Dieser war ein Biesting in der Gestalt eines fey, eines Eichhörnchen, dass uns beschimpfte und uns zur Eile antrieb. Er führte uns über einen Baum, den wir hinaufsteigen sollten, um dann auf einen anderen Baum hinüberzuspringen. Joela überraschte mich einmal mehr mit ihrer Anmut. Nur der Anführer der Biestinger bewältigte diese Aufgabe mit noch mehr Leichtigkeit. Meine anderen Gefährten allerdings...

Als wir von dem Baum heruntergestiegen waren, erkannten wir, dass wir uns an einem anderen Ort befanden. Das war insofern leicht zu bemerken, da auf einmal eine menschliche Frau vor uns stand, die man nur schwerlich übersehen hätte können. Sie war einfach riesig und hatte solche Muskelberge, dass es mich überraschte, dass sie unter deren Gewicht nicht sofort zusammengebrochen war. Fulmador stellte sie uns als Rangnid vor und erzählte uns außerdem, dass sie nun die letzte Gabe beschützen würde. Dann verschwand er. Die riesige Frau führte uns in ihr Haus, wo mehrere Männer auf sie warteten. Dort begann sie uns Fragen zu stellen. Dabei schenkte sie uns eine Flüssigkeit in riesige Krüge ein. An der Art wie meine Gefährten reagierten, konnte es sich nur um Alkohol handeln. Ich hatte schon an zwei Abenden davon gekostet, worauf ich die Erinnerungen an einen Teil dieser Abende verloren hatte. Außerdem erinnere ich mich, dass ich nicht mehr Herr meiner Sinne gewesen war. Mir war schwindlig und schlecht gewesen. Meine Augen und Ohren hatten mir Streiche gespielt, und mein Körper mir nicht mehr gehorcht. Ich hatte keine Lust, das noch einmal zu wiederholen, aber ich wollte mit dieser Rangnid keinen Streit beginnen. Darum nahm ich einen Krug an. Allerdings ließ ich mein mandra durch ihn fließen und hoffte, dass es die Flüssigkeit in ihm von diesem Gift reinigen würde. Als ich mit bangem Gefühl davon nippte, erkannte ich aber recht schnell, dass es gelungen war. So konnte ich meine Gefährten, die mittranken, beobachten, während Grim unsere Geschichte erzählte. Leudalia begann zu grölen und unsere Gastgeber zu beschimpfen, während Ginaya und vor allem Joela immer grüner im Gesicht wurden. Es war eine seltsame Farbe für Menschen. Ob sie sich immer so färbten, wenn sie Alkohol tranken? Als ich den Geruch stinkender schwitzender Leiber so vieler Menschen auf so engem Raum nicht mehr ertragen konnte, verließ ich das Haus, worauf mich Joela begleitete.

Draußen atmete ich erleichtert ein. Am Ende war es wirklich schlimm geworden. Doch nun hatte ich auf einmal ein anderes Problem. Joela begann sich an meinen Arm zu klammern und mir mit schwerer Stimme zu erzählen, wie „süß“ sie mich fände. Zuerst dachte ich, dass ich sie falsch verstanden hätte. Die Sprache der Mittelländer liegt mir noch immer schwer auf der Zunge. Doch dann glaubte ich zu verstehen, dass dieses junge Menschenmädchen nicht meinen Geschmack, sondern mein Aussehen meinte. Ich begann mich zu fragen, ob dies eine einleitende Formel der Menschen für nam mandra bhaile aò, der Verbindung der Seelen durch die Körper, war. Ich war überrascht, und vielleicht hatte ich sogar ein wenig Angst. Zwar sah sie selbst für die Augen eines Elfen schön aus und bewegte sich mit einer Anmut, die sie aus ihrer Rasse heraushob, doch hatte ich niemals zuvor daran gedacht, mich mit einem Menschen zu verbinden. Zwar begegnete sie mir nicht mit der Ablehnung oder dem Hochmut, die ich in den Augen so vieler Menschen gesehen hatte, doch kannten wir uns noch nicht lange. Ich hatte noch nicht ihre Seele ergründet und ich denke nicht, dass sie es mit meiner getan hatte.

Ancoron hatte mir einst erzählt, dass Menschen anders lieben als wir. Schneller, körperlicher. Sie lassen sich sehr selten Zeit, Körper und Geist des anderen zu erforschen. Auch scheinen sie den anderen besitzen zu wollen, um sich selbst und den anderen in dieser Beziehung einzusperren. Vielleicht liegt es daran, dass sie weniger Zeit haben als wir. Ich weiß es nicht.

Ich packte, Joela und sah ihr in die Augen. Dort sah ich eine junge, reine Seele, die schon viel zu jung zu viele Narben davon getragen hatte. Außerdem konnte ich den Schleier des Alkohols sehen, wie er sich über ihre Augen legte. Das genügte mir. Ich wusste nicht, ob nicht dieses Gift aus ihr sprach. Ginaya hatte mir einmal erzählt, dass Alkohol dafür sorgte, dass man nicht mehr wusste, was man tat. Zum Teil hatte ich das selbst erfahren müssen. Ich wollte diesem Mädchen nicht noch eine weitere Wunde zufügen. Darum führte ich sie sanft wieder in das Haus von Rangnid. Schon an der Tür wehte mir der Gestank von vielen Menschen auf engen Raum entgegen. Doch ich bemerkte es diesmal kaum. Ich fragte mich, was wohl Ginaya dazu sagen würde und entschloss mich sie zu fragen, wenn wir alle die Jagd nach dem Buch hinter uns gebracht hatten und sie nicht mehr grün im Gesicht war.

Zwischenzeitlich hatte sich Rangnid standhaft geweigert, uns die letzte Gabe auch nur sehen zu lassen. Am Ende sagte sie zu, uns zu helfen, wenn wir ihrer Sippe beitraten. Dieser Gedanke war für mich nicht zu ertragen. Ich hatte mich abgefunden, ein Teil einer kleinen Menschengruppe zu sein. Ich konnte mich nicht überwinden einer menschlichen Sippe anzugehören. Wer wusste, ob sie nicht verlangten, dass ich meine Sippe verließ, damit ich ihnen völlig angehörte. Menschen wollen alles vollständig besitzen. Darum weigerte ich mich zusammen mit Leudalia. Die anderen sagten zu. Worauf sie unter Rangnids Schiff tauchen, an dem Schiff hochklettern und am Ende ein Horn mit noch mehr Alkohol trinken mussten. Ich schüttelte mich schon beim Gedanken an den letzten Teil der Prüfung. Zum Glück achtete keiner auf mich. Alle bis auf Ginaya wurden aufgenommen. Sie war Rangnid nicht stark genug gewesen, obwohl auch die anderen sie nicht sehr überzeugen konnten. Ginaya war sehr traurig und ich tat mein Möglichstes, sie zu trösten.

Zurück im Haus zeigte sie uns die letzte Gabe. Corvus versuchte, sie zu berühren, worauf er auf einmal einen Schnitt in der rechten Hand hatte. Also konnten nicht einmal Priester dieses Buch ohne Schaden berühren. Seltsam. Es musste sehr gefährlich sein. Kein Wunder also, dass ein Mann, der einen Bund mit Dämonen eingegangen war, versuchte es zu bekommen.

Nachdem Ragnild das Buch wieder weggeräumt hatte, bereitete sie ein Fest für die neuen Mitglieder in ihrer Sippe vor. Zur Feier bat sie einen menschlichen Legendensänger, uns allen eine Geschichte zu erzählen, worauf dieser uns von den Taten eines Menschen namens Asleif, Sohn des Phileas, genannt Foggwulf, erzählte. Die Menschen um mich schienen beeindruckt zu sein, obwohl einige dieser Taten schauderhaft klangen. Am Ende lud uns der Geschichtenerzähler ein, zur Wintersonnenwende in das Land, wo die Thorwaler genannten Menschen wohnen, zu kommen und dort an einer Feier teilzuhaben. Als ein anderer Mensch auf einmal begann Krüge vor uns aufzustellen, flüchtete ich. Es war eine gute Entscheidung, denn meine Gefährten benötigten einen ganzen Tag, um sich wieder zu erholen.

Am nächsten Tag gab uns Rangnid das Buch mit, mit dem Auftrag, es dem Tempel des Wassergottes wiederzugeben. Ich fand es seltsam. Meine Gefährten wollten dies auch ohne einen weiteren Auftrag tun, während ich es nur in Sicherheit wissen wollte. Bei Priestern war es jedenfalls sicherer als bei Menschen, deren Sinne Tag für Tag von Alkohol vernebelt wurden.

Wir kamen gut voran. Auch das Wetter war für uns kein Problem. Selbst als wir einen Fluss queren mussten, waren dort bereits Bäume über ihn gefallen, die uns damit einen trockenen Weg bereiteten. Ich ging als erster über die Bäume. Allerdings rutschte ich aus und fiel in den Fluss. Der Fluss war zum Glück nicht tief. Darum war es kein Problem, auch so das andere Ufer zu erreichen. Meine Gefährten folgten mir, manche ans Ufer, manche in den Fluss. Joela, geschickt wie sie war, hatte natürlich keine Probleme. Als allerdings Leudalia über die Bäume schreiten wollte, wurden sie und Grim von Pfeilen getroffen. Beide schrieen auf. Leudalia wurde sogar in den Fluss geworfen. Dann sahen wir Menschen mit Schwertern auf uns zustürmen. Sofort begann ich, das mandra durch mich fließen zu lassen und es zu bitten, mich schneller werden zu lassen. Ich wollte schon davon laufen, als ich erkannte, dass meine Gefährten sich bereit zum Kampf machten. Widerwillig zog ich meine Schwerter und machte mich bereit, ihnen beizustehen.

Kämpfe als vom mandra Beschleunigter sind seltsam. Es war mir beim Laufen und Springen nie aufgefallen, aber der Körper fühlt sich an, als würde er schon vor einem wissen, dass man einen Teil von ihm bewegen möchte. Es ist ähnlich, wie in den Augenblicken, in denen mein Körper schneller ist als mein Geist, nur musste ich ihn nun dabei auch steuern. Darum schlugen viele meiner Attacken fehl, doch das machte nichts, denn meine Hände waren sofort wieder dort, wo ich sie haben wollte. Meine Gegner schienen davon verwirrt zu werden, darum überraschte ich sie nicht wenige Male. Auch schien ich sie härter zu treffen, als ich es gewohnt war. Denn mit Treffern, die sonst nur Schrammen gewesen wären schlug ich tiefer in ihren Körper. Da ich um die Wenigen von uns am anderen Ufer fürchtete, verzichtete ich darauf, Verteidigungen vorzubereiten und schlug beinahe selbstmörderisch mit meinen Schwertern um mich. Damit beendete ich schnell den Kampf mit meinem ersten Gegner.

Meine Gefährten schlugen sich beeindruckend. Corvus stand inmitten der Feinde, seine Waffe vor sich haltend, um ruhig und ungerührt allen Angriffen seiner Feinde zu begegnen. Joela war neben ihm und stach mit ihrer Waffe nach den Feinden, die Corvus bedrängten. Ginaya und ich trafen auf Bosjew, den Mann, den ich in Neersand getroffen hatte, bevor ich niedergeschlagen worden war. Sie warf einen Zauber auf ihn, der ihn gehörig schwächte, um dann mit ihrem kurzen Schwert in den Kampf zu stürmen. Durch ihre heftigen Attacken, lenkte sie Bosjew lange genug von mir ab, dass ich ihn töten konnte.

Als wir die Feinde auf unserer Seite fast besiegt hatten, wurde ich von etwas in der Schulter getroffen. Noch immer glaube ich den schrecklichen Schmerz zu spüren, obwohl ich selbst das Lied bha’sama sala bian da’o über mich gesungen habe, um diese Wunde zu schließen. Gleichzeitig hörte ich Grim aufschreien. Als ich zu ihm blickte, fiel er gerade um. Nur noch Leudalia stand unbeeindruckt wie ein Fels und wechselte Hiebe mit einer Übermacht an Feinden. Ich versuchte ans andere Ufer zu gelangen, um ihr und den Gefallenen zu helfen. Doch wieder stürzte ich von den Bäumen ins Wasser. Die anderen hatten den letzten Gegner bereits überwunden. Corvus und Joela stürzten an unser Ufer. Dabei wurde Joela von einem der Gegner hart bedrängt und daran gehindert, von den Bäumen auf festen Boden zu kommen. Ich ließ sie durch das mandra geschwinder werden. Vielleicht würde es sie genau so beschützen, wie mich.

Am Ende hatten wir alle Feinde besiegt. Doch manche von uns waren schwer verletzt. Ginaya schien auch angeschlagen zu sein, als sie über dem sterbenden Grim stand und versuchte, ihm zu helfen. Ich wollte sie unterstützen, doch sie winkte ab. Dann flößte sie Grim eine Flüssigkeit ein, worauf sich seine tiefsten Wunden schlossen. Ginaya erzählte mir später, dass sie ihm einen Heiltrank gegeben hatte. Dabei jammerte sie über den Preis seiner Zutaten. Ich entschloss mich, ihr soviel von meinem Geld zu geben, wie möglich. Endlich hatte ich einen Sinn für die metallenen Münzen gefunden. Nachdem wir uns so gut wie möglich versorgt hatten, ruhten wir uns aus, bevor wir langsam weitergingen. Ginaya und ich verbrauchten unsere gesamten Kräfte mit den Heilungen unserer Gefährten.

Nach einigen Marschtagen kamen wir zu einem Hafen, in dem wir uns erleichtert einschiffen konnten. In Neersand angekommen, bekamen wir sehr viel gelbe Münzen und eine Halskette. Außerdem zeigten uns die Priester des Wassergottes, was sie mit dem Buch anstellen wollten. Sie überließen es dem Neer. Dabei sagten sie, dass ihr Gott nun das Buch beschützen würde. Ich war erleichtert. Selbst wenn der Gott seine Pflicht vernachlässigte, würde sich niemand zu nahe an diesen Strudel trauen.

Am Horizont wird es heller, die Nacht ist fast vorbei. Die Wälder erwachen. Ich werde mich hinsetzen, um die neue Sonne mit meinem Spiel willkommen zu heißen. Wer kann an einem solchem Morgen ans Schlafen denken?