Von Neersand auf nach Vallusa
Inhaltsverzeichnis
1. Eintrag:
Ich kann es noch immer kaum glauben. Wir haben wirklich die letzte Gabe gefunden! Da würden wohl einige Horasier grün vor Neid werden, wenn sie wüssten, wie nah wir dem letzten Vermächtnis der Theaterritter waren. All die Geschichten, die ich als Kind über die letzte Gabe gehört habe. Ach, wie falsch die meisten davon doch waren! Nun sind wir, meine neuen Gefährten und ich, einige der wenigen Aventurier die die Wahrheit kennen. Zumindest wissen wir jetzt, was die letzte Gabe wirklich ist. Ich bedauere noch immer ein wenig, dass die Efferd-Priester entschieden haben, sie im Neer zu versenken. Auch wenn sie zweifelsohne damit recht hatten, dass sie in Efferds Obhut am sichersten aufgehoben sei. Ein so gefährliches Artefakt in den falschen Händen könnte furchtbares Anrichten. Allein beim Gedanken daran, dass diese verfluchten Dämonenpaktierer sie in ihre unwürdigen Finger bekommen, könnte ich vor Wut überschäumen! |
2. Eintrag:
Es ist jetzt schon über eine Woche her, dass wir aus Neersand aufgebrochen sind. Meine neuen Gefährten beginnen mir allmählich ans Herz zu wachsen. Nun, zumindest die meisten von ihnen. Mit Grim, diesem grobschlächtigen Thorwaler, mag ich nicht so recht warm werden. Diesen Eklat am Fuße des Überwals werde ich ihm nicht so bald verzeihen. Außerdem bin ich mir nach wie vor nicht sicher, ob er wirklich vertrauenswürdig ist. Ginaya meinte zwar, dass wir beide wohl einfach nur auf dem falschen Fuß gestartet wären, aber ich weiß nicht so recht. Ja, sogar Leudalia – die Rondrageweihte aus Arivor – scheint ihm zu vertrauen. Manchmal denke ich, das sagen sie nur, weil Grim sich in der Wildnis als äußerst nützlich erweist. Immerhin versorgt er uns regelmäßig mit Nahrung und sucht stets einen angenehmen Schlafplatz für die beiden. So eine Vermutung würde ich allerdings nie einer Rondrageweihten bzw. einer Magierin gegenüber äußern. Das wäre äußerst anmaßend von mir und vor allem Leudalia scheint in dieser Beziehung nur sehr wenig Spaß zu verstehen. |
3. Eintrag:
Am Abend sind wir in Festum angekommen. Zu meinem großen Bedauern planen meine Gefährten allerdings schon wieder morgen weiter nach Vallusa zu ziehen. Ich persönlich würde ja noch gerne ein paar Tage hier verbringen. In der Wildnis fühle ich mich einfach nicht so wohl, wie im bunten Treiben einer großen Stadt. Außerdem ist in meinen Augen ein weiches Bett einem Schlafplatz in der Wildnis deutlich vorzuziehen. |
4. Eintrag:
Die Tage verstreichen. Des Abends sitzen wir manchmal ums Feuer und erzählen uns Geschichten. Unglaublich, was Leudalia und Ginaya schon alles erlebt haben! Mit ihnen unterwegs zu sein, scheint ein Garant fürs Erleben unglaublichster Abenteuer zu sein. So vielversprechend, wie unsere Gemeinschaft begonnen hat, bin ich ja schon gespannt, was für Heldentaten wir noch gemeinsam erleben werden! Manchmal gibt auch Grim eine Geschichte zum Besten. Meistens geht es dabei um das Erlegen irgendwelcher Tiere, von denen ich bei den meisten noch nicht einmal den Namen gehört habe. Ihnen allen gemeinsam scheint jedoch, ein Übermaß an gefährlich um sich schlagenden Gliedmaßen und äußerst scharfen, spitzen Zähnen. |
5. Eintrag:
In letzter Zeit muss ich wieder öfters an Cronar und meine Mutter denken. Diese Einöde bietet einfach nicht genügend Möglichkeiten meine Gedanken zu zerstreuen. Ich hoffe sie wären stolz auf mich. Ach, wie sehr ich die beiden doch vermisse! |
6. Eintrag:
Heute bin ich plötzlich, mitten in der Nacht, aufgewacht. Aridhel kniete neben mir und sah mich ganz besorgt an. Er fragte, ob alles in Ordnung sei. Er meinte, er hätte mich schluchzen gehört. Zuerst verstand ich nicht ganz. Aber als ich meine Wange berührte, spürte ich, das sie nass von Tränen war. Ich entsann mich daran einen sehr üblen Traum gehabt zu haben. Die Erinnerung begann zwar schon zu verblassen, aber ich konnte mich noch dunkel erinnern, das meine Mutter darin vorgekommen war. Und auch mein Vater, dieser verfluchte Schuft. Aridhel war noch immer neben mir und betrachtete mich mit seinen durchdringenden Augen. Er schien eine Antwort zu erwarten. Ich sagte ihm, dass ich von meiner verstorbenen Mutter geträumt hätte. Er sah mich noch eine Weile an und meinte dann: „Ich verstehe.“ Daraufhin stand er auf und setzte sich ans Feuer. Nach kurzem Zögern folgte ich ihm. Er hatte seine Flöte hervorgeholt – ich glaube, er nennt sie iama, oder so – und begann darauf zu spielen. Es war eine sehr traurige Melodie, aber auch wunderschön und tröstend zugleich. Ich kann mich nicht erinnern, je etwas vergleichbares gehört zu haben. Als er fertig gespielt hatte, legte er die Flöte beiseite und starrte ins Feuer. Er wirkte so unglaublich traurig. |
7. Eintrag:
Vater Corvus erzählte mir heute, dass Aridhel sich mal eingemischt hat, als Leudalia einen ehrlichen Zweikampf gesucht hat. Er wollte ihr wohl zu Hilfe kommen und feuerte einen Pfeil nach dem anderen ab. Gänzlich unbeeindruckt von ihrem wütenden Geschrei. Wenn ich es Vater Corvus knappen Schilderungen richtig entnommen habe, hat er dem Gegner der Rondrageweihten sogar die tödliche Wunde zugefügt. Der arme Thor! Kein Wunder, dass Leudalia so giftig zu ihm ist. |
8. Eintrag:
Aridhel hat uns heute verlassen. Nachdem wir ganz in der Nähe der Salamandersteine sind hat er beschlossen, seine Sippe zu besuchen. Ginaya hat mit ihm ausgemacht, dass wir uns in einigen Wochen in Greifenfurt treffen. Hoffentlich kommt er wirklich zum vereinbarten Treffpunkt. Ich bin mir da nicht so sicher. Was ist, wenn er seine Sippe nicht mehr verlassen will? Immerhin ist er eigentlich nur ausgezogen um seine Schwester zu suchen. Und wenn sie inzwischen zurückgekehrt ist oder es irgendeine Nachricht über ihren Verbleib gibt? Ich glaube nicht, dass Aridhel dann zu uns zurückkehren wird um weiterhin mit uns umherzuziehen... |
9. Eintrag:
Wir sind in Vallusa angekommen. Hier trennen sich unsere Wege. Leudalia und Corvus bleiben zurück, während Ginaya, Grim und ich weiter nach Greifenfurt ziehen werden. Ginaya ist in dieser Gegend aufgewachsen, in Eslamsroden oder so. Ich nehme mal an, dass sie also ihre Familie besuchen wollen wird. Das könnte dann aber für mich bedeuten, dass ich mir überlegen muss, ob ich mit Grim weiterziehe oder mein Glück alleine versuche, bis wir uns alle zur Wintersonnwende in Thorwal einfinden werden. Ich mag gar nicht daran denken! Auch wenn Grim sich als wirklich nützlicher Gefährte entpuppt hat, graut mir vor dem Gedanken mit ihm alleine weitergehen zu müssen. |
10. Eintrag:
Gestern Abend bin ich ein wenig durch die Straßen gewandert. Na schön, vielleicht auch von Schenke zu Schenke gewankt. Jedenfalls als ich mich gerade auf den Heimweg machen wollte, hörte ich plötzlich eine vertraute Stimme aus einem Wirtshaus schallen: „Baroschem!“ Ich erstarrte mitten im Schritt – was zugegebenermaßen zu erheblichen Koordinationsschwierigkeiten führte – und wandte mich der Eingangstüre zu. Konnte es wirklich sein, dass sie hier, in dieser Stadt, war? Ich betrat also zögerlich das Gasthaus und was sehe ich da: Jaloscha, Tochter von Jorna. Mitten im Raum auf einem Tisch stehend und wild ihre Axt schwingend. |